Der Soldat

Der Soldat



Sein Arm zitterte noch.

Das monotone Schlagen des Bolzen auf die Patronen die jene Kugeln aus dem Lauf seiner Waffe vernichtend gefeuert hatte, ruhte nun rauchend und glühend am Lauf in seinen starken Armen.

Unzählige Male waren er und seine Waffe eine Einheit des Todes geworden und mittlerweile war es beiden egal für wen sie den Tod brachten hauptsache war, dass sie es taten.

Er, der Soldat, schaute hinunter auf die zehn von ihm zerfetzten Kadaver.

Leere Augen glotzten ihn an und er steckte das nächste Magazin in die Waffe und lud durch. Ein lapidares schlenkern seiner Waffe trennte ihn von den Blicken.

Die Kugeln durchschlugen die Schädel und liessen den Boden bersten bis er nur noch von Staub umhüllt war. Er schmeckte das blutige Eisen und er leckte sich die Lippen. Er liebte diesen Geschmack. Unbekümmert stieg er über die Leichen weiter in den Flur des Krankenhauses hier im Kriegsgebiet am heissesten Ort der Welt. Früher hatte er noch moralische Bedenken bei all dem was er tat , von der Regierung vertuschten Aufträgen, doch heute war es ihm egal. Für ihn zählte das Geld am Ende seiner Aufträge und die Ruhe seiner Berghütte, wenn er sich in den alten Sessel zurück lehnte und seine Jagdtrophäen betrachtete die ihn aus den glasigen Augen anstarrten. Seine Hände glitten dann über seine Waffen in den Schränken seiner Hütte und ein Lächeln der Erregung streichte sein Gesicht wenn er zurück dachte wieviele Leben er schon mit ihnen ausgelöscht hatte. Kalt,ohne Gefühl, keine Gnade.

Der Krieg vollbringt Wunder in mancher Psyche. Er war das manipulierte gezüchtete Ergebnis. Er bekam den Anruf und tat das wozu er trainiert und umprogrammiert wurde. Am Ende packte er seine Sachen, flog nach Hause und legte sich ohne einen Gedanken der Reue schlafen.

Der Boden knirschte unter seinen Füssen in dem zerbombten Krankenhaus durch dessen Fenster der heisse Wüstenwind den Sand hereinwehte. Hier hatten sie sich verschanzt und Geiseln genommen, die er nun befreien sollte. Keine Regierung hatte sich offiziell dazu bereit erklärt, im Hintergedanken wissend das er das schon erledigen wird. Wenn er drauf geht, war es egal. Hauptsache sie wuschen ihre Hände in scheinheiliger Unschuld. Er kannte seine Auftraggeber nicht doch sie Ihn und das zählte. Keine mediale Welt, kein Staat, keine Regierung wollte offiziel blutbefleckte Hände. Er schon. Für Geld. Für die Lust am morden. Er erreichte den nächsten Raum, blickte auf die veralteten russischen Funkgeräte, umgekippte Flaschen und lauschte. Die Ruhe die hier herrschte war trügerisch. Er schloss die Augen und verharrte lauschend auf Geräusche in jenem Raum. Der warme Wind strich über sein vernarbtes Gesicht, trocknete den Schweiss, der von seiner Stirn rann. Kühler Stahl seiner Waffe in den Händen beruhigten seinen Herzschlag bis es plötzlich hinter im knirschte. Schritte näherten sich und er hockte sich auf den Boden, zog den Ladeschlitten zurück, hob die Waffe in Richtung des Geräusches und öffnete die Augen. Bereit seinem Opfer die letzte Ehre zuteil werden zu lassen in des Todes Aug zu schauen. Der Lauf seines Gewehres spuckte infernal seine Boten in den Flur und zerstörten.... Nichts! Er erstarrte als er wahr nahm auf was seine Waffe feuerte. Ihn hatte er schon sehr oft wahr genommen. Immer ihm einen Schritt vorraus und nicht unschuldig an seinen Erfolgen. Nun hatte er ihn vor seinem Lauf, den Schatten der ihn verfolgte. Seit Jahren ihm auf den Fersen, das Gefühl welches er empfand wenn er in die Dunkelheit starrte an all jenen Orten an denen er tätig war. Es waren viele Orte und zu Beginn war es seltsam doch mit all den Jahren empfand er ihn fast als Schutzengel. Ein Schutzengel des Todes. Sein Schutzengel. Immer wenn er in bedrohliche und für ihn tödliche Situationen kam, in Hinterhalte geriet meinte er ihn zu sehen. Er war nicht gläubig, den sowas wie Glaube und Hoffnung waren hinderlich im Krieg. Doch an ihn, diesen Schatten glaubte er und ab und an sprach er in der Dunkelheit zu ihm, ohne eine Antwort zu erfahren, geschweige denn ihn zu sehen. Der Schatten hatte ihm oft den Weg auf unkonventionelle Art geebnet. Körper gerissen und ausgeweidet ohne das je ein Schrei erklang. Er hatte sich all die Jahre hindurch mehr und mehr mit dem Gedanken angefreundet so etwas wie unbesiegbar durch ihn zu sein und sogar Menschen ihn zu Ehren einfach so erschossen, mit dem Gedanken das dies ein Tribut sei, den er an seiner Stelle erwarten würde. Nun hatte er auf seinen Schutzengel des Todes geschossen. Er erschrak und liess die Waffe fallen. "Es tut mir leid. Das wollte ich nicht." , sprach er zu ihm.

Der Schatten nahm Gestalt an und der Soldat blickte in das Gesicht das er nur in der Dunkelheit meinte zu sehen. Es war eine blutgetränkte silberne Fratze, verhüllt durch eine Kapuze das nun näher kam. Auf ihn zu. Leise glitt es über den Boden und war nur noch eine Armlänge von ihm entfernt als mehrere Männer aus einem anderen Raum auf sie zustürmte. Ihre Sprache war ein Kauderwelsch aus mehreren Dialekten des Osten. Sie bellten ihre Befehle mit erhobenen Waffen den beiden zu und der Soldat griff nach seiner am bodenliegenden Waffe.

Sie war nicht mehr da. Verschwunden im Dunkeln. Der Schatten blickte ihn an. Grinste er? Der Soldat war verdutzt. Eine Stimme erklang in seinem Kopf. "Die gehören mir". Schlagartig wurde es dunkel im Raum, trotz der gleissend hellen Sonne vor den Fenstern so als hätte man eine Decke über den ganzen Raum geworfen. Man sah die Hand vor Augen nicht mehr. Der Schatten zischte und Schüsse peitschten durch den Raum. Er selbst sprang hinter den Tisch in Deckung doch eine Kugel durchlug seine Brust. Knapp an seinem Herz vorbei. Er schrie nicht auf, dass hatte man ihm antrainiert.

Schmerz verrät dich.Schreie sind tödlich.

Die Schüsse verebbten unter krachenden Knochen, unter Schreien des Schmerzens und Schrecken der Angreifer und dann war es still. Die Helligkeit kehrte in den Raum zurück. Stück für Stück brach sich das Sonnenlicht in den zerfetzten Scheiben und erreichte die Angreifer über denen der Schatten sich gebeugt hatte und sie aufschnitt. Er beugte sich über die offenliegenden blutgetränkten Brustkörbe und sog tief atmend etwas aus ihnen heraus. Ein silberner fadiger Nebel glitt aus dem Brustkorb und er der Schatten nahm ihn tief seufzend aus. Opfer um Opfer bis er beim letzten sich erhob und befriedigt sich aufbäumend knurrte. Das Grummeln aus seinem Inneren strömte durch den Raum und legte eine seltsame Ruhe auf den Soldaten. Er fühlte keinen Schmerz mehr, sein Herzschlag war ruhig. Es war getan. Die Fratze war nun keine Maske mehr sondern ein halbverhülltes Gesicht das nun ganz nah an dem seinen wahr. Er blickte in Augen von solcher schwarzer Tiefe, dass er fast so etwas wie Frieden empfand. Das Gesicht wandte sich Kopf drehend von Links nach Rechts, tief einatmend . Er roch an ihm. Saugte seinen Geruch. War dies nun sein Ende? Bestimmt wenn man den Treffer betrachtete. Sein Herz hatte die Kugel gestriffen aber die inneren Blutungen liessen ihn sicherlich qualvoll elendig verrecken hier in diesem Niemandsland. Keiner würde seinen Körper hier raus holen und begraben. Niemand würde nach ihm fragen, geschweige den suchen. Er war nur einer von acht Milliarden. "Noch nicht. Ich kann dich brauchen. Werde mein Werkzeug." , schoss es nun in seinem Kopf. Der Schatten sprach zu ihm. "Wir finden mehr. Du wirst weiter töten und ich werde sammeln. Sammeln für sie. Nimm das Angebot an oder stirb. Sag Lebewohl zu diesem Vergnügen dieses Ungeziefer auszulöschen. Den Spass den du hattest. Das Vergnügen das wir noch haben werden. Werde mein Begleiter und werde unsterblich."

Der Soldat blickte ihn an, fiel in die Tiefe die sich in seinem Geist ausbreitete und erwachte inmitten von Leichen. Schwere Waffen in seinen Händen und zufrieden mit seinem Werk was er hier angerichtet hat."Sei mein Bote, meine Waffe der Vernichtung. Tu das wozu du geboren wurdest. Sei der unsterbliche Tod. Ich gebe dir diese Macht die du so liebst."

Er blickte in das Kapuzengesicht und nickte. "Ja, ich nehme an."Der Schatten grinste nun, legte seine Hand auf die Brust und ein kaltes Feuer durchströmte den Soldaten. Er fror für einen kurzen Moment doch dann spürte er eine Kraft auflodern die ihn auf die Beine riss. "Erhebe dich!" , rief es ihm zu, "Beende was du begonnen hast." Die Waffe in seinen Händen pulsierte und er blickte auf eine Umgebung die er nie zuvor gesehen hatte. Wände existierten nur noch schemenhaft, er blickte hindurch. Der Schatten war kein Schatten mehr sondern ein Wesen in schwarzer lederartiger Rüstung dessen Kopf nur aus einem sich spiegelnden Helm bestand. Dieser hob die Hand und deutete auf die fünzehn Personen drei Etagen unter ihnen. "Deine Ziele, meine Seelen. Erledige es. Ich bin an deiner Seite." Er nickte und bewegte sich in die ihm gewiesene Richtung. Er musste sich dran gewöhnen aber dies gelang ihm schnell. Kein Sonnenlicht nahm er war, keine Temperaturen, keine Geräusche nur der pulsiernde Herschlag seiner Opfer die ihm den Weg wiesen. Etage um Etage glitt er hinunter. Die kalte Kraft in ihm auflodernd treibend. Unbändige Kraft und nur der eine Gedanke. Töten!

Der Schatten war ihm mehrere Schritte vorraus und wies ihm winkend den Weg und er folgte. Seine Hände klammerten sich an sein Gewehr und er war bereit. Er stürmte unnatürlich schnell , lautlos in den Raum wo seine Opfer erschraken, doch ehe sie überhaupt dazu kamen ihre Waffen gegen ihn zu richten durchlugen seine Kugeln ihre Schädel. Kein Dauerfeuer nein, einzelne präzise schnelle gerichtete Schüsse. Es war so leicht. Intuitiv ohne wirklich zu zielen wie er es einst gelernt hatte. Kein durchatmen. Er war die Kugel geworden. Er war alle Kugeln und er war präzise. Er war nun der Tod aller Tode. Der Vollstrecker des Schatten.

Sein Werkzeug.


Der Soldat!