London, oh du mein geliebtes London.
Zuviel haben wir erlebt und doch hasse ich Dich für Gewesenes. Ebenso wie heute in diesem neuen Jahrhundert.Nebel lag mal wieder über der Hauptstadt.
Ein kühler nasser Wind pfiff über die Dächer und ich hüllte mich enger in meinen Mantel und zog die Kapuze tiefer ins Gesicht.
Hier oben über dem East End , von den Dächern aus konnte ich die Gassen gut einsehen ohne selbst gesehen, geschweige den wahr genommen zu werden.
Nicht das erste mal das ich über die Dächer jagte, meinen Gegner von oben ausspähend und auflauernd bis mein Schatten wie eine Decke des Todes auf ihn niederkam. Lang ist es her oder auch nicht denn Zeit ist vergänglich und doch lebhaft einsehbar, wenn man sie bereisen kann.
Zeit ist auf meiner Seite. Ein schöner Song mit makaberen Beigeschmack, je nachdem wie man das Lied betrachtet.
Ich lächelte unter meiner Maske, doch ich schweife ab.
Ich bin hier um einen Fehler zu korrigieren. Einen Fehler der gerade jetzt lebhaft hier unter den Bewohnern wandelt und 5 Opfer schon gefunden hat.
Bestialisch präzise geschlachtet, so ist es für den Laien sichtbar und wahrlich, es sind Laien. Schimpfen sich kriminalistische Genies, Ermittler und was weiss ich noch. Doch sie sehen nur die Oberfläche, denn mein Fehler verdeckt seine Spuren mit einer grauenvollen Lust am Blute das seine eigentlicher Trieb unter all dem zerfetzten Fleisch nicht mehr erkennbar ist, Wie gesagt, für den Laien!
Mein Fehler. Selten gebe ich ja Fehler zu als das ich welche mache doch diesemal war es mein Fehler.
Ich gab die Order an den Käptn meines Schiffes weiter und brach jedwede Regeln der Zeit um etwas persönliches zu klären . Das jedoch verursachte einen Riss im Temporalen Vortex und für einen kurzen Moment hatte sich ein Riss in eine Dimension geöffnet in der das pure Böse existiert. Am Ende hinter der Zeit existiert mehr als das der menschliche Geist es überhaupt erfassen könnte.
Unglücklicherweise öffnete sich dieser fernab meiner Reichweite, sodass ich nun das Wesen versuche zu stoppen ehe noch mehr geschieht, dass nicht in die Geschichte dieser Welt gehört, geschweige den existieren darf.
Ich erinnere mich an den Leichnam der Frau , Diejenige die ihn aus diesem Riss herausgezogen hat. Ein grausiger Anblick von zerfetzten Fleisch und hier wurde es mir das erstemal deutlich was er braucht, wovon er sich ernährt. Mir wurde klar das ich handeln muss.
Zur falschen Zeit am falschen Ort will ich mal meinen, Welch tödliche Ironie.
***
Abschweifend in diese Gedanken huschte ein Schatten durch die Gassen. Lautlos, präzise, sein Ziel suchend fixierend in all dem Dreck des East End. Er hatte Witterung aufgenommen, sein nächstes Ziel war nicht mehr fern. Der Gestank der von dem Ziel ausging über all den Nebel und Wind in der Gasse waren für ihn eine Fährte. Leid, Wut, Trauer und Hass hatten ihren eigenen Geruch für ihn und je verdorbener die Seele war, desto stärker roch sie. Er atmete tief ein und liess sich den Geruch auf all seinen Sinnen zergehen. Eine aphrotisierende Wirkung hatte es und seine Sinne schärften sich. Diese Seele musste er haben. Sie war so verdorben und köstlich. Zum greifen nah, er spürte sie fast. Seine Sinne fokusierten sein Opfer und er glitt durch die Schatten, fast wie ebenjene aus denen er stammte.
***
Verdammt! Fast hätte ich ihn verpasst. Er ist schnell und auf der Jagd in den Schatten der unter mir liegenden Gassen und Winkel. Er jagt ihn, den Schlächter vom East End dem schon fünf zu Frauen des leichten Gewerbes zum Opfer fielen. Immer kam er zu spät und obwohl diese Frauen nicht seinem Jagd Profil entsprachen holte er sich das was dem Laien noch eine ganze Weile verborgen bleibt. Ich könnte mich jetzt eigentlich zurücklehnen und von hier oben aus all das kommende beobachten aber dieser Jäger gehört nicht in diese Welt, er muss zurück. Mir war nicht ganz klar, wie ich es anstellen würde, denn mit jeder Beute die er machte wurde er stärker und er hatte schon reichlich zu sich genommen. Immer aus den Schatten heraus, schnell, blutig und leise. Durch diverse Länder, Dörfer, Städte und Täler bis nun hierher. London! Das East End!Das Fass in dem die Fische leben und er die Waffe mit den Patronen des entgültigen Schicksales. Er zerriss seine Opfer, wenn man sie so nennen kann, denn eigentlich haben sie es nicht anders verdient. All jene waren selbst Schlächter, Mörder und Abschaum der perversesten Art dieser Welt. Er saugt ihre Lebensenergie aus und geht eine Symbiose mit ihr ein aus der er sich das holt was er braucht um weiter zu leben und stärker zu werden.
Man stelle sich vor, dieser Schatten gelangt in ein Gefängnis. Das Resultat möchte ich mir nicht mal im Ansatz ausmalen. Das schiessen auf Fische in einem Fass ist da fast humaner.
Ich sprang von Dachfirst zu Dachfirst. Immer den Schatten, der jetzt schneller wurde im Auge. Er hatte die Witterung und der Geruch wurde wohl stärker. Bewundernswert wie er dort durch die Gassen glitt. Eine Fähigkeit die jahreslanges Training braucht. Diese Wesen jedoch werden damit geboren. Sich anpassend ans Umfeld, an die Wesen in deren Welt sie gelangt sind. Eine Art Mimikry die sie zu perfekten Jägern macht, mit jedem Opfer das ihnen in die Finger kommt. Oh er hatte sich angepasst, Er fiel gar nicht auf in all dem Dreck dort unten. Er bewegte sich unter den Menschen , sprach wie sie, ass wie sie und ab und an gesellte er sich unter ihnen. Der Wolf im Schafspelz. Vollkommen unerkannt. Plötzlich kam Ruhe in ihn, er stand still und blickte hinauf. Hinauf zu mir? Ich duckte mich weg und verharrte eine Weile, eh ich über den Sims blickte hinter dem ich Deckung gesucht hatte.
Das was nun geschah, bleibt mir wohl noch lange in Erinnerung. Er stellte sich mitten auf den Mondbeschienen Platz der tagsüber das Revier von Händlern, Gerbern, Schmieden und anderen Gewerken war, schaute hinauf auf meine Position hinter der ich Deckung gesucht hatte und pfiff einen hohen schrillen Ton auf einer Pfeife die er bei sich hatte. Dieser Pfiff galt mir und meine Nackenhaaare stellten sich auf. Dieser Ton war mir allzugut bekannt. Es ist der Pfiff der Seelenlosen, der Ruf nach seinen Kindern. All jene die der Schatten entführt, gebrochen und seelenlos am Leben gelassen hatte, damit auch sie irgendwann ihm zum Opfer fielen, wenn sie ihr Böses entdeckt und ausgelebt haben. Dann kommt er wieder und jagt sie.
Ich hätte nie gedacht das er sich schon so weit entwickelt hat da diese Fähigkeit erst in ihnen aufkeimt wenn sie eine bestimmte Anzahl an Seelen schon inne haben und die Zahl ist immens. Ich hätte ihn eher finden müssen, denn die Ruhe des Platzes wurde durch das Stampfen und Auftreten von Füssen gebrochen. Beine die sich übernatürlich schnell bewegeten. Ich erwähnte ja schon das mit dem Fass? Jetzt kommen seine Haie. Haie die er gezüchtet hat, kontrolliert und deren Ziel nun ich bin. Nun denn-lass sie kommen! Meine Hände griffen an meine treuen Begleiter des Todes, ich sondierte die Deckungen und machte mich bereit. Sie waren schnell, ich hörte ihr Getrampel im Treppenhaus, das Kratzen ihrer Nägel am Mauerwerk das sie emporkletterten und als die ersten am Sims auftauchten, mit ihren schwarzen Augen in denen kein Lebensfunke mehr war, tat ich das woraus ich geboren, wofür ich geboren wurde. Die ersten Schüsse hallten über die Dächer, die ersten Schädel zerplatzten und ihre Körper klatschten auf den Asphalt vier Stockwerke unter mir. Er stand regunglos dort und schaute zu, während ich jedem seiner Kinder ein Ende setzte. Das war nicht schwer, sie stürmten ran, ich schoss und sie fielen. Einer nach dem anderen und er stand nur da und schien es zu geniessen. Mich packte die Wut und ich rannte auf den Sims zu um das Dach zu verlassen als er seine Hand zum Munde führte und ein weiterer Pfiff erklang. Tiefer als der erste und länger aber er tat seine Wirkung. Seine Kinder, zumindest diejenigen die ich nicht erwischt hatte, sackten leblos zusammen und eh sie den Boden berührten zerfielen sie zu Staub. Ich sprang hinunter und hatte nur noch zwanzig Schritte zu ihm als Wolken über den Himmel zogen, den Mond eindeckten und Der Schatten eins mit der Dunkelheit wurde. Meine Hände griffen in die zischende Leere.
Entkommen!