Gleichgewicht
Vier Uhr Morgens
Ruhig und sicher gleitet die Aera Hard dem nächste Tag entgegen . Während der Großteil der Manschaft schläft und die paar Leute die Wache haben mit ihren Aufgaben beschäftigt sind ist es zur Abwechslung wunderbar leise an Bord.
Er genießt diese Stille ...
So gut er auch mit dem einen oder anderen an Bord auskommt , mit so vielen Menschen umzugehen strengt ihn immer wieder an .Aber hier in seiner Kombüse , nahe am Herd auf seiner Seemanstruhe sitzend ,den Rücken an die Wand gelehnt und sich in den Anblick seines Altars versenkend ist die Welt in Ordnung.Hier kann er in ruhe nachdenken. Sein Rückzugsort , seine Festung , selbst der Käptn , ja sogar " Er" respektieren das hier SEIN Reich ist und seine Regeln herschen . Sogar diese beiden würden ihn in diesen Stunden nur stören wenn es gute gründe dafür gäbe.
"ER" ... seltsam , die meisten an Bord wissen auf irgend eine Art von IHM , einige wenige kennen sogar seinen Namen , aber wenn irgendwer von IHM redet , was selten genug geschieht, ja sogar wenn man an IHN denkt erscheint es selbst den wenigen die möglicherweise wissen wie er heißt irgendwie falsch SEINEN Namen zu benutzen.
Selbst der Käptn dem man nun wirklich nicht nachsagen kann das er allzuvielen Menschen respekt erweist scheint IHM gegenüber von einer gewissen Scheu erfüllt zu sein .
Molars Altar
In seiner scheinbaren primitivheit nur ein weiteres Kuriosum auf einem Schiff das vor seltsamkeiten nur so überzuquellen scheint .
Sein Herz bildet eine alte Weinkiste in deren inneres er vor langer Zeit ein Bild der Dunklen Madonna gezeichnet hat . Diese Kiste begleitet ihn immer wenn er für längere Zeit das Schiff verlässt und ist deshalb , für Orte und Zeiten in denen sein Glaube eher zu Problemen führen würde, bewußt unauffällig gehalten . Nicht das es ihm nicht egal wäre was andere von seinem Glauben halten und er die risiken die damit einhergehen nicht billigend in Kauf nehmen würde, aber in seinen Jahren an Bord der verschiedensten Schiffe hat er gelernt das von ihm erwartet wird auf seine Schiffskameraden Rücksicht zu nehmen und auf Landgang zumindest zu versuchen sie nicht einfach nur dadurch das er der ist der er nun einmal ist in Gefahr zu bringen .
Rings um sie verstreut stehen und liegen ohne jede für einen Fremden erkennbare Ordnung die Unterschiedlichsten Dinge .Knochen , Zöpfe , Federn , Kräuter , Gewürze , Münzen und Schmuckstücke mischen sich mit Muscheln , Blüten und Steinen. Zigarren manche halb geraucht andere brandneu liegen neben Schalen voller Rum , Salz ,Wasser und Erde . In kleinen Ampullen ist etwas Blut ( und man fragt wohl besser nicht von woher es stammt ) Gewürze und Räucherwerk mischen sich mit Behältern die Drogen oder Gifte enthalten. Schlangenhaut liegt neben frischem Leder und irgendwo in dem ganzen Chaos das sich wohl nur ihm wirklich erschließt liegen seine Geliebten Wurfmesser.
Seine Messer...
Genau auf ihnen bleibt sein Blick heute liegen .
Wie lange sie ihn schon begleiten . Lange , lange bevor man ihn als Molar kannte bevor er auch nur selber zu sich selbst gefunden hatte waren sie bereits ein Teil von ihm .
Einen Moment denkt er darüber nach das das Blut das sie in all der Zeit vergossen haben inzwischen wohl schon in Fässern abgemeßen werden könnte . Die Leben die sie zusammen beendet haben hat er nie gezählt , ebensowenig wie die Finger und Zöpfe die sie abschnitten.Im Dienste dieses Schiffes und anderer Schiffe die ihm eine Zeitlang auf seinen Reisen ein zuhause boten mögen sie auch das eine oder andere mal das Leben eines Kammeraden erhalten haben , doch auch das hat er nie nachgehalten .
Er hat nie verstanden warum ein Leben an sich ein Maßstab oder ein Wert sein soll .
Es sind Messer , scharf , ausbalanciert , ein Teil von ihm der genutzt werden will. Wie oft ? Wofür ? Wen interessiert das ,solange er sie nur nutzen kann .
Vertieft in ihren Anblick wandert sein Geist durch die Zeiten ...
Das Kind
Das Kind wittert leichte Beute..
Hier in den Dunklen Winkeln der Altstadt von Muxia in denen es Nachts jagt fühlt es sich sicher .
Der , der ihm da entgegenkommt scheint in diesen Gassen ein Fremder zu sein , Alt , auf einen Stock gestützt und seltsam angezogen kommt er dem Kind durch den Nieselregen der heute Nacht herrscht entgegen . Könnte , wenn man die merkwürdige Kleidung betrachtet , ein Jud sein der sich zu weit von seinem Viertel entfernt hat denkt er sich . Praktisch , dem wird niemand lange nachweinen so wie die Leute hier über Juden reden . Ihm ist sowas egal . Er hat keine Zeit sich über Rasse,Hautfarbe oder Religionen Gedanken zu machen . Dazu ist er viel zu sehr mit überleben beschäfftigt. Von ihm aus kann es auch ein Sarazene oder der Papst persönlich sein . Hauptsache es springen ein paar Münzen dabei raus .
Körperlich wäre Kind einem Erwachsenen noch nicht gewachsen ,das ist einen Lektion die man hier in den Gassen sehr schnell lernt , aber er hat auch nicht vor Fair zu kämpfen , er hat ein altes aber verflixt scharfes Messer das er an einem Fischstand gestohlen hat und wenn er sein gegenüber Überraschen kann ist das alles was es braucht .
Nahe genug , noch ein zwei Schritte weiter und er würde links an seinem erwählten Opfer vorbeigehen , der rechte Arm schwingt hoch , die Hand dreht das Messer zum Schnitt nach vorne ein rasche feste Mischung aus Hieb und Schniit von rechts nach links und sein Opfer ... fällt NICHT .. Kind hat verfehlt .. unmöglich und doch ist es soeben passiert.
Im letzten Moment hat sich der Alte um eine winzigkeit zurückgelehnt .. gerade genug das die Klinge um ein paar milimeter zu kurz gezielt war.
Kind verwandelt mit den Reflexen der Jugend seine Bewegung in eine Drehung reißt den Arm herrunter um aus der Drehung herraus mit aller Kraft in Magenhöhe zuzustoßen . Eine Unsaubere Art sein Opfer zu erlegen aber Kind hat bereits gelernt eine Situation so zu nehmen wie sie ist und das beste daraus zu machen .
Verfehlt ... Abermals verfehlt , wie zum Teufel konnte das geschehen..
Irgendwie hatte sich der Alte erneut im letzen Moment bewegt.Diesesmal hatte er einen Schritt zur Seite und nach hinten gemacht und war so der Klinge entgangen.Als Effekt davon stürzte Kind von seinem eigenen Schwung mitgerissen nach vorne , schlug schwer auf seinen Knien auf und landete mitten in einer Pfütze.
Das wurde langsam Absurd fast schon lächerlich . Kind kochte vor Wut und hätte den Alten am liebsten angeschrien das er gefälligst still halten solle .
Normalerweise wäre er jetzt wo sein Überraschungsvorteil dahin war geflitz , hätte all die kleinen Winkel und Ecken zum verschwinden genutzt die er kannte und ein Teil von ihm hätte auch jetzt nichts lieber getan , aber er war Hungrig, ihm war kalt , er war Wütend , hatte sich weh getan und er war Naß .Unlogisch , Emotional , Dumm aber hier und in diesem Moment Grund genug für einen letzten Versuch . Er rappelte sich auf warf sich herrum und ging diesesmal sein Opfer direkt und frontal an . Stoß , Schnitt , Hieb nichts traf . Jede seiner Bewegungen wurde mit einem ausweichen einer scheinbar langsamen aber effektiven Bewegung seines Opfers gekonntert . Und dann , mit zwei schnellen schlägen seines Stock`s ging der Alte zum Angriff über entwaffnete ihn wobei der Stock sein Messer fast unmittelbar über dem Griff traf und zerbrach und schlug ihn zu Boden .
Benommen von dem Hieb den es einstecken musste lag Kind da als der Alte sich über es beugte. Zu seiner Überraschung begann der Alte leise zu lachen .
" Noch nicht kleiner Mann , nicht hier , nicht jetzt und ganz sicher nicht Du." : hörte er den Alten flüstern .Dann drehte der Alte sich um und begann seinen Weg fortzusetzen .Doch bereits nach wenigen Schritten blieb er stehen drehte sich wieder zu Kind um und sah es einige Augenblicke nachdenklich an . Seine Hand glitt in die Manteltasche und hohlte ein dünnes längliches Päckchen hervor das er ein zwei mal hin und herdrehte und schließlich fast zögerlich zwischen sich und das Kind auf den Boden warf . " Aber wer weiß schon was die Zeit bringt " : murmelte er dabei vor sich hin und dann wieder mit diesem leisen Lachen in der Stimme : " Ich , möcht mann meinen ." Dann drehte er sich Endgültig um und Ging .
Kind rappelte sich auf und macht zögerlich die wenigen Schritte die ihn von dem Päckchen das der Alte auf den Boden geworfen hatte trennten . Er hockte sich hin . hob es auf und öffnete es .
Eingebettet in ein Stück aus leicht gefettetetem Leder hielt er zwei Wurfmesser in der Hand . Staunend sah er sie an .Dann , mit einem Blick in die Richtung in die seinen scheinbar so leichte Beute verschwunden war schob er sie unter seine Jacke , wirbelte herrum und rannte so schnell er nur konnte in die entgegengesetzte Richtung um in den Gassen und Hinterhöfen die ihm so vertraut waren zu verschwinden .